Farben des Hantelnebels

Motivation

Der Hantelnebel (auch M 27 oder NGC 6853, Dumbbell-Nebel) ist ein 7,5 mag heller planetarischer Nebel mit einer Flächenausdehnung von etwa 8 × 6 Bogenminuten im Sternbild Fuchs. Bei M 27 handelt es sich um eines der Paradeobjekte des Sommerhimmels.

Die Frage warum der Hantelnebel auf Fotografien mal mehr blau und mal mehr grün aussieht, wird ja recht häufig gestellt. Vereinfacht gesehen liegt es daran, dass die [O-III] Doppellinie bei vielen RGB-Filtersätzen nahezu genau am Übergangspunkt vom Blaufilter zum Grünfilter liegt. Dann bewirken kleinste Unterschiede der Durchlasskurven, der spektralen Quanteneffizienz oder der Farbkalibrierung Unterschiede in der Farbwirkung des Bildes. Dazu unten mehr.

Eine Diskussion in der Mailingliste der VdS-Fachgruppe Astrofotografie regte mich an, mich wieder einmal mit dem Thema realistische Farbdarstellung zu befassen. Der Anlasss für die Diskussion über die Mailingliste war ein M27-Foto. Da es gerade Sommer war, versucht ich mich auch am Hantelnebel mit dem Ziel eine „realistische visuelle Darstellung“ zu erzeugen.

Die Frage, was nun ein realistisches Astrofoto ist, ist gar nicht einfach zu beantworten. Die Definition „Ein Astrofoto ist realistisch, wenn die Wahrnehmung der Aufnahme in etwa der Wahrnehmung des Auges entspricht.“ würde dazu führen, dass fast niemals etwas zu erkennen wäre. Ein langbelichtetes Bild sollte daher so beurteilt werden, als sei es mit dem menschlichen Auge (als Detektor) gesehen. Zu besseren Wahrnehmung wird das Auge „optisch verbessert“ (z.B. durch ein Teleskop, welches aber nur die Lichtmengen erhöht).

M 27 als LRGB

M27 im 10″ f/2,8. LRGB mit Atik 490EXm. 10.+11.08.2021.

Ich habe also unter der Fragestellung, was würde dem visuellen Eindruck entsprechen, wäre nur das Teleskop geeignet genug, eine ganz einfache LRGB-Aufnahme angefertig. Das bedeutet hinsichtlich Bildbearbeitung Beschränkung auf das Wesentliche: astrometrische Farbkalibrierung, ein wenig Rauschreduktioen, Strecken und sonst nichts. Das entstandende Bild sieht man hier. Dahinter stecken 78/30/30/30×2 min LRGB mit 10″ f/2,8. Meiner Auffassung nach entspricht das ungefähr dem „visuellen Eindruck“ unter den oben beschriebenen Randbedingungen.

Stärkere Bearbeitung des M 27 Bildes

M27 im 10″ f/2,8. LRGB mit Atik 490EXm. 10.+11.08.2021. Erweiterte Bildbearbeitung unter Verwendung von Masken.

Da in einfachen LRGB Bild  bereits die schwächere Halo-Region des Nebels erkennbar wurde, habe ich unter Anwendung von Masken selektiv gestreckt und damit das nächste Bild erzeugt. Meiner Auffassung nach ist das bereits keinen „visueller Eindruck“ mehr. Natürlich kann man so ein Bild trotzdem stehen lassen, strenggenommen jedoch nur mit dem Hinweis auf die besondere Bearbeitung.

Das Halo von M 27

M27 im 10″ f/2,8. LRGB und 4″ f/4.1 [O III]. Erweiterte Bildbearbeitung unter Verwendung von Masken.
Da ich das Halo so toll fand, habe ich noch 2 Stunden [O III] mit 4″ f/4.1 nachgelegt. Der Filter hatte eine Halbwertsbreite von 3 nm. Diese Daten habe ich nach „Pi mal Daumen“ in das fertige LRGB Bild eingearbeitet. Ziel war es, den LRGB Farbeindruck beizubehalten, dabei jedoch das Halo besser erkennbar werden zu lassen. Damit entstand dann das nächste Bild. Dieses sieht meinem Verständnis nach auch nicht schlecht aus, hat mit einem visuellen Eindruck aber eigentlich nichts mehr zu tun.

 

Weitergehende Emissionsanteile von M 27

M27 im 10″ f/2,8. LRGB, 4″ f/4.1 [O III] und 10″ f/4.0 H-alpha. Erweiterte Bildbearbeitung unter Verwendung von Masken.
Man lässt wesentliche Emissionen unter den Tisch fallen, wenn man bei einem planterischen Nebel auf das H-alpha Filter verzichtet, weil man damit in der Regel sowohl H-alpha als auch [N II] Emissionen ausblendet. Der Strasbourg-ESO Catalogue of Galactic Planetary Nebulae weist übrigens für den Hantelnebel eine [N II]-Intensität etwa in der gleichen Stärke wie H-alpha aus. Die [O III]-Intensitäten von M 27 sind übrigens mehr als vier mal so stark wie die H-alpha-Intensitäten. Das passt zu dem Bildeindruck, dass Türkisgrün überwiegt.

Also habe ich weitere 2 Stunden H-alpha  mit 7.5 nm Halbwertsbreite am 10″ bei f/4.0 gesammelt  und dazu gepackt. Damit wird das Halo bunter, aber durch den Einbezug der H-alpha und [N II] Emissionen trotzdem nicht realistischer bzgl. des visuellen Eindrucks.

Das volle Programm

M27 im 10″ f/2,8. LRGB, 4″ f/4.1 [O III] und 10″ f/4.0 H-alpha. Erweiterte Bildbearbeitung nach dem „tone Mapping“ Verfahren.
Wenn nun sowieso schon kein visueller Eindruck mehr vorliegt, kann man auch alle Register der EBV ziehen. Das Bild zeigt das Ergebnis, wenn man H-a und [O III] im „Tonemapping-Verfahren“ nach   in verarbeitet und das vorsichtig (!) ins LRGB einarbeitet.  Dabei wurde H-alpha als rot und und eine Mischung aus H-alpha und [O III] für grün und blau verwendet. Damit wird das Resultat visuell sicher am auffälligsten. Ich denke, dass Bild ist auch vorzeigbar. Allerdings sollte ein Hinweis auf die Bildbearbeitung nicht fehlen.

Diskussion

Meine ganz persönlichen Schlussfolgerungen stellen sich so dar:
    • Man kann nahezu alles machen aber man sollte sich immer klar sein, was man tut und wieviel man zulassen möchte.
    • Meistens ist weniger mehr.
    • Zum Bild gehört ein Hinweis, in welcher Art und Weise mittels EBV eingegriffen wurde.
    • Die Gewichtung der Schmalbandemissionen unterinander habe ich komplett vernachlässigt, die einzige Maßgabe war „soll dem visuellen Eindruck ähnlich sein“.
    • Irgendwie finde ich ganz einfache geradeaus LRGB-Verarbeitung ohne Tricks immer noch sehr attraktiv.

Zur besseren Vergleichbarkeit ist nachfolgend ein Mousover eingefügt. Da kann man die Aufnahmen wunderschön blinken. Das finde ich praktisch, um die Unterschiede besser zu erkennen.